Warum wir den B-plan 814 ablehnen

Die den Verberger Ortsrand abschließenden Wiesen und Weiden des Plangebiets sind Bestandteil eines von den Niepkuhlen und Riethbenden geprägten kilometerlangen freien Landschaftszugs, der bis Neukirchen-Vluyn reicht. Die dort angedachte sogenannte Arrondierung des Verberger Siedlungsgebiets lehnen wir seit vielen Jahren ab.

Wenngleich wir den vorgeschalteten städtebaulichen Wettbewerb für den Bebauungsplan 814 und das Bemühen, qualitätsvolle Architektur zu schaffen, grundsätzlich begrüßen, können wir den Verlust von 13,4 ha natürlicher Fläche, die mit einer Realisierung dieser Siedlung einhergeht, nicht akzeptieren. Das Bewusstsein für den Klimawandel und das Insektensterben lässt es nicht zu, dass wir eine von den drängenden Problemen der Gegenwart losgelöste Stadtentwicklung betreiben. Es ist ein Gebot der Stunde, natürliche Freiflächen vor weiterer Versiegelung zu verschonen, um der Natur den noch verbliebenen Raum zu lassen. Auch Wiesen und Weiden haben eine große Bedeutung für die Pflanzen- und Tierwelt und sichern das fragile ökologische Gleichgewicht unserer Stadt. Abgesehen davon ist die Bodenbeschaffenheit im Plangebiet für Wohnbebauung denkbar ungünstig: der Boden liegt tief und das Grundwasser steht praktisch schon unter der Grasnarbe. Solche Probleme führen an anderer Stelle in Krefeld zu lauten Rufen nach städtischen Zuschüssen für Pumpen.

Bei der Schaffung von neuem Wohnraum müssen wir wesentlich sensibler mit der Fläche umgehen als bisher und zukunftsfähige Konzepte für attraktives Wohnen entwickeln. Eine Bebauung mit 70% Einfamilienhäusern, wie es im Bebauungsplan 814 „Am Wiesenhof“ vorgesehen ist, betrachten wir als passé. Dieses Siedlungsmodell verbraucht einfach zu viel Fläche pro Wohneinheit! Das sehen nicht nur wir Krefelder Grünen so, sondern auch das Institut für Stadtbaukunst, das Institut für Urbanistik und viele weitere renommierte Einrichtungen. Schon die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2004 forderte eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke nicht nur unter ökologischen, sondern auch unter ökonomischen Aspekten. „Langfristig sollte – im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung – die Nettoneuinanspruchnahme von Flächen auf Null zurückgeführt werden.“

siehe auch: www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3576.pdf

Zusätzlich zur kritischen Flächenversiegelung wird eine Bebauung von der Fläche Am Wiesenhof weitere negative Auswirkungen haben. Da an dieser Stelle kaum öffentlicher Nahverkehr existiert und Statistiken über Einfamilienhaus-Siedlungen belegen, dass Familien dort im Durchschnitt über mindestens zwei PKWs verfügen, wird die Mobilität im Gebiet Am Wiesenhof somit höchstwahrscheinlich zusätzliche Luftbelastung für unsere Stadt mit sich bringen, und der Ruf nach entsprechendem Ausbau der Straßenanbindung wird nicht ausbleiben.

Um den CO2- Ausstoß zu minimieren, und Luft- und Lärmimmissionen einzudämmen, sind sich Stadtplaner einig, dass nur dort Wohnungen gebaut werden sollten, wo bereits Infrastruktur (Schule, Kita, Einzelhandel, Kultureinrichtungen, öffentlicher Nahverkehr etc.) vorhanden ist und kurze Wege die Nutzung des PKWs überflüssig machen. Das wäre zum Beispiel bei dem Baugebiet Fischeln-Plankerheide der Fall, welches vorbildlich an die U 76 und diverse städtische Bus- und Bahnlinien angebunden wäre.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass ich mich weder im Planungsausschuss am 19. 11. noch sonst an anderer Stelle abfällig über (Düsseldorfer) Familien auf der Suche nach einem Einfamilienhaus geäußert habe. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, welche ökologischen und verkehrlichen Konsequenzen das neue Wohngebiet haben wird.

Eine reizvolle, nachhaltige Stadtarchitektur, die ökologische Aspekte mit berücksichtigt und auf die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner eingeht, wird Siedlungen auf der grünen Wiese künftig verzichtbar machen und die Innenstadt auch für Familien mit Kindern attraktiver machen. Viele Beispiele aus anderen Städten wie Heilbronn/Städtebau Bundesgartenschau, Düsseldorf, Berlin und Köln, die diesen Weg erfolgreich beschreiten, beweisen das.

Heidi Matthias, Fraktionsvorsitzende

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