Beschlussentwurf
Die Stellplatzsatzung der Stadt Krefeld (siehe Verwaltungsvorlage 3871/22) wird in folgenden Punkten angepasst:
Punkt 1: §1 Ergänzung von Überschrift und Inhalt
§ 1 Ziele und Geltungsbereich
Ergänzung §1 (1)
Die vorliegende Satzung leistet mit ihren Regelungen einen wichtigen Beitrag zur Verkehrs-wende und städtebaulichen Entwicklung für eine lebenswerte Stadt Krefeld und soll zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele des Krefelder Klimaschutzkonzeptes beitragen.
Mit der Satzung wird die Herstellung von PKW Stellplätzen auf das zwingend notwendige Maß reduziert und Anreize für die Erstellung und Umsetzung von zukunftsfähigen Mobilitätsmaßnahmen geschaffen.
In dieser Satzung wird das Fahrrad als umweltverträgliche Alternative zum motorisierten PKW mit entsprechenden Stellplätzen abgebildet und die Bedeutung insbesondere des SPNV/ÖPNV für die Mobilität im urbanen Raum durch entsprechende Reduktionsangebote bei der Herstellungspflicht von Kfz-Stellplätzen hervorgehoben.
Punkt 2: § 1 (2) Ergänzung
Die Zielerreichung der Stellplatzsatzung gemäß §1 (1) wird alle 3 Jahre unter Zuhilfenahme einer Klimafolgenabschätzung geprüft und ggf. beispielsweise durch Anpassungen an der Richtzahlentabelle oder durch erweiterte Reduktionsangebote bei der Herstellungspflicht nachgeschärft.
Punkt 3: § 3 (5), Absatz 2 + 3 Ersatz
Die Reduzierung (notwendigen Kfz-Stellplätze) kann bis zu 20% betragen, wenn eine Halte-stelle (Bus/ Straßenbahn; mindestens 20-Minuten-Takt) innerhalb einer fußläufigen Entfernung von 250 m vom Baugrundstück aus zu erreichen ist (ÖPNV-Bonus). Die Reduzierung kann bis zu 20% betragen, wenn ein Bahnhof des Schienenpersonennahverkehrs innerhalb einer fußläufigen Entfernung von 1.000 m vom Baugrundstück aus zu er-reichen ist (SPNV-Bonus).
Punkt 4: §3 (12), Neu
Nicht notwendige Stellplätze sind unzulässig, soweit Gründe des Verkehrs oder städtebauliche Gründe dies erfordern.
Punkt 5: § 5 (3), Ersatz
Zur Ermittlung der Anzahl der herzustellenden Kfz-Stellplätze werden die Reduzierungen aus § 3 (4) und (5) sowie aus § 5 (2) addiert und in Summe auf die zuvor ermittelte Anzahl der notwendigen Kfz-Stellplätze gemäß Anlage 2 angewendet; die maximale Reduzierung beträgt 70%. Alle verbleibenden Kfz-Stellplätze müssen entweder hergestellt oder abgelöst wer-den.
Punkt 6: §6 (4), Ersatz
Bei der Herstellung von Kfz-Stellplätzen sind über die gemäß Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) einzurichtenden Vorbereitungen der Leitungsinfrastruktur hinaus mindestens 50 % der notwendigen Kfz-Stellplätze bei Wohngebäuden (ab 5 Kfz-Stellplätzen) und 20 % der notwendigen Kfz-Stellplätze bei Nicht-Wohngebäuden (ab 6 Kfz-Stellplätzen) mit Ladestationen (Mindestladeleistung von 11 KW) zu versehen.
Punkt 7: § 9 (1), Ersatz
Ist die Herstellung notwendiger Kfz-Stellplätze nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich, so kann auf die Herstellung verzichtet werden, wenn die zur Herstellung Verpflichteten an die Stadt Krefeld einen Geldbetrag zur Ablösung zahlen. Der Ablösebetrag richtet sich im ersten Jahr nach Inkrafttreten der Stellplatzsatzung nach der geltenden Satzung über die Ablösung von Stellplätzen der Stadt Krefeld vom 29.10.2019. Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Stellplatzsatzung wird die Satzung jedoch grundlegend überarbeitet und an den in den Zonen 0-III gültigen Marktwert der Fläche (Bodenrichtwert) über einen Ablösefaktor gekoppelt. Alle 2 Jahre wird geprüft, ob der zu zahlende Ablösebetrag für einen 12 m² großen Stellplatz (Zone 0: 12 m² Tiefgaragenstellplatz) 75 % der durchschnittlichen Her-stellungskosten nicht unterschreiten und der Ablösefaktor ggf. dahingehend angepasst, wenn nötig. Entsprechend (1) ist ein Geldbetrag zu zahlen, soweit die Herstellung notwendiger Kfz-Stellplätze aus Gründen des Verkehrs oder städtebaulichen Gründen untersagt ist.
Beschlusspunkt 8: Anlage 2 – Richtzahlentabelle zur Stellplatzsatzung der Stadt Krefeld, Ersatz
1.2. Mehrfamilienhäuser (ab 3 WE) Zahl der Abstellplätze für Fahrräder:
1 Abstellplatz je 35 m2 Wohnfläche
Begründung
Erstmals mit Inkrafttreten der Novelle der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen zum 01. Januar 2019 erhalten Kommunen die Möglichkeit, eigene Regelungen festzusetzen, wie und in welchem Umfang bei Bauvorhaben Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Abstellplätze für Fahrräder geschaffen werden. Durch die Anpassung von Stellplatzregelungen auf örtliche Gegebenheiten und kommunale Entwicklungsstrategien wird den Kommunen mehr Handlungsspielraum bereitgestellt. Die Stellplatzsatzung kann so als Instrument der kommunalen Verkehrsentwicklung und des Mobilitätsmanagements für die Verkehrswende vor Ort genutzt werden.
Die Wirkungsmechanismen von Stellplatzregelungen sind vielfältig. Die Herstellungspflicht löst für die Bauherren Kosten für die Errichtung und den Betrieb von Stellplätzen aus – je mehr Stellplätze gebaut werden müssen, desto höher sind die Kosten, die zumeist auf Eigentümerinnen und Mieterinnen umgelegt werden und den Wohnraum in Städten teurer machen. Studien zeigen, dass Stellplatzkosten zu Steigerungen der Wohnungsmieten um 5% bis 15% führen kann und sich hierüber negativ auf den Wohnungsmarkt auswirken.
Die Herstellungspflicht von Stellplätzen löst, außer im Fall von Tiefgaragen, einen erheblichen Flächenverbrauch aus. Jeder Stellplatz beansprucht einschließlich der Zuwegung eine Fläche von 20m² bis 30m². Dies steht sowohl den generellen Anforderungen an eine nachhaltige Flächennutzung entgegen als auch der städtebaulich begründeten Forderung nach Verdichtung von Siedlungsflächen.
Die Herstellungspflicht von Stellplätzen führt strukturell zu einer Förderung des motorisierten Individualverkehrs, da sie den Gebäudenutzern die Anfahrt mit dem Auto erleichtert. Insbesondere im Ver-gleich zum ÖPNV, zu dessen Haltestellen in der Regel ein Fußweg zurückzulegen ist, bilden Stell-plätze auf dem Grundstück einen erheblichen Komfortvorsprung. In der Konsequenz führt dies zur Zunahme des Kfz-Verkehrs – auch mit all seinen unerwünschten Folgen wie Lärm-, Luftschadstoff- und Treibhausgasemissionen, Unfällen und gesellschaftlichen Kosten.
Stellplätze, die aufgrund einer Herstellungspflicht geschaffen werden, bestehen über viele Jahre und Jahrzehnte. Im Zuge der Verkehrswende mit dem Trend zu weniger motorisiertem Individualverkehr, mehr kostengünstiger alternativer Mobilitätsformen durch z. B. das 49 €-Ticket und ein schnelleres und sichereres Radverkehrsnetz ist von einem sinkenden Stellplatzbedarf im urbanen Raum über die Lebenszeit jetzt realisierter Bauvorhaben hinweg zu erwarten. Dieser Megatrend muss sich auch in der Stellplatzsatzung, wie zuvor auch im Mobilitätskonzept, niederschlagen.