Krefeld und die Grünen –
Ein kurzer geschichtlicher Abriss
Mit Demonstrationen und Aktionen ins Rathaus
„Erhalt der Bäume an der Grenzstraße!“ – „Stoppt die Gift-Emissionen der Verseidag!“ – „Erhalt und Denkmalschutz für die alte Imbrahm-Fabrik!“ – Mit solchen Aktionen hatten die Grünen und sie unterstützende Bürgerinitiativen im Vorfeld auf sich aufmerksam gemacht. Für viele stand fest: Nach den Kommunalwahlen 1984 wollen wir im Stadtparlament vertreten sein! In Erwartung der neuen politischen Kraft, aber auch als Abwehrstrategie hatten die Altparteien wenige Wochen vor den Wahlen einen neuen Ratsausschuß ins Leben gerufen. Ein Umweltausschuß sollte der vermeintlichen „Ein-Punkte-Partei“ von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen.
Am 01.10.1984 ist es geschafft!
Am 1.10. war es dann so weit. Mit 8,4% und unter hohem Erwartungsdruck ihrer Anhängerschaft zogen fünf Newcomer in das Krefelder Stadtparlament ein, von den Vertretern der CDU und SPD argwöhnisch und ablehnend betrachtet und mit z.T. mitleidigem Lächeln, aber in korrekt-bürgerlicher Form begrüßt.
Mit fünf Ratsvertretern 16 Ratsausschüsse besetzen – Wie geht denn das?
„Alle machen alles sofort und direkt, Fraktionssitzungen und Arbeitsgruppen tagen fast täglich, politischer Erfolg stellt sich unmittelbar ein, die ganze Stadt hat nur auf uns gewartet!“ Mit viel Sendungsbewußtsein ging es ans Werk. Die Altparteien wollte man/ frau das Fürchten lehren, manche Grüne wollten ihnen sogar den Garaus machen.
Die Mühen der Ebene
Wie wird eine Fraktionssprecherin gewählt? Müssen wir die Büroeinrichtung im Rathaus und den Fraktionsgeschäftsführer aus eigenen Mitteln bezahlen? Wer darf überhaupt an den Fachausschüssen teilnehmen? Solche und ähnliche Fragen standen dann doch ganz schnell auf der Tagesordnung. Legendär und fast schon historisch die Mitgliederversammlung nach dem gelungenen Einzug in den Stadtrat. Geleitet von den Bürgerinitiativlern und Nicht-Partei-Mitgliedern Reiner Gropp und Christoph Bönders diskutiert die Partei die neue Lage und beginnt den mühsamen Prozess, sich mit den Selbstverwaltungsstrukturen der Stadt und den politischen Gegnern vertraut zu machen.
Außerparlamentarisch oder im Rathaus agieren? Umweltpolitik contra Kulturpolitik – O, diese Sozis!
Heftige Auseinandersetzungen darüber, ob Krefelder Grüne im Grunde nicht auch weiterhin außerparlamentarisch agieren sollten, kennzeichnen die ersten Monate der neuen Ratsfraktion. Vorrang für Umwelt- oder Kulturpolitik wird zum Dauerstreit in der Fraktion, nicht nur von Frauen als „Hahnenkampf“ kritisiert. Inzwischen hat die Ratsfraktion Rita Thies zur Fraktionschefin gewählt – die erste Frau in dieser Position im Krefelder Stadtrat. Der Fraktionsgeschäftsführer wird nach wenigen Wochen Dienstzeit entlassen.
Nach wie vor profilieren sich die Neuen mit außerparlamentarischen Aktionen (Rettet den Egelsberg! Keine vierspurige Nordtangente durch den Stadtwald!), im Stadtparlament und in den Ratsausschüssen gewöhnt man sich allmählich an die neue Partei. Enttäuschung und teilweise blankes Entsetzen über die geheime große Koalition der Genossen mit der CDU bestimmen das Verhältnis zu den Sozialdemokraten.
Standort Krefeld für eine Giftmüllverbrennungsanlage führt zu Rot-Grün
1986 begrüßt der damalige Planungsdezernent Peter Forschbach (CDU) (Originalton: „Grüne – in einem Jahr ist der Spuk vorüber!“) das Krefelder Hafengebiet als Standort für eine Giftmüllverbrennungsanlage und ruft damit den Protest breiter Bevölkerungsschichten hervor. Dies wird zur Hauptursache für das Ende der absoluten Mehrheit der CDU in Krefeld. Bei den Kommunalwahlen 1989 gewinnt Rot-Grün mit Willi Wahl hauchdünn die Wahlen und stellt seit Jahrzehnten erstmals wieder einen SPD-Oberbürgermeister. Rita Thies wird die erste grüne Bürgermeisterin in Krefeld, das Pokern um Macht und Einfluss bestimmen die rot-grünen Koalitionsverhandlungen.