Rede des Fraktionsvorsitzenden Thorsten Hansen zum Haushalt 2023 am 28. Februar 2023

-es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Krefelderinnen und Krefelder,

wir leben in besonderen Zeiten. Jede Zeit hat ihre Krisen, aber derzeit haben wir es mit einer Multikrisen-Situation zu tun. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, steigende Zinsen und über allem die Klima- und die Biodiversitätskrise. Gerade die Klimakrise haben wir in Krefeld in den letzten Jahren mit Hitzeperioden, Dürre und Starkregenereignissen deutlich zu spüren bekommen. Die Biodiversitätskrise ist dagegen leise, Arten werden weniger und verschwinden, ohne sich bei uns offiziell abzumelden.

Das einzige Beständige ist die Unsicherheit.

In Anbetracht der unsicheren Situation haben wir im Herbst entschieden, dass der Kämmerer den Haushalt für 2023 erst Mitte November 2022 einbringt und wir diesen heute verabschieden wollen.

Schaut man sich die Prognosen Ende 2022 für dieses Jahr an, dann waren sie meistens pessimistisch. Drohende Rezession in Deutschland und Europa, weiter steigende Zinsen, zurückgehende Steuereinnahmen, eine zunehmende Anzahl von Flüchtlingen, die Unsicherheit zur Entwicklung des Ukraine-Kriegs usw.

Der Städte- und Gemeindebund prophezeite die größte kommunale Finanzkrise seit dem zweiten Weltkrieg. Die Situation der Kommunen ist teilweise dramatisch. Seit 2011 sind z.B. die Baukosten um 50% gestiegen; obwohl wir mehr Geld von Bund und Land bekommen, können wir weniger bauen. Ein Altschuldenfond ist dringlich und es ist sträflich von Bund und Land, dass die Niedrigzinsphase nicht dafür genutzt wurde. Diese Chance der niedrigen Zinsen wird so schnell nicht wieder kommen. Die Zeichen der neuen Bundesregierung und auch der Landesregierung deuten darauf hin, dass das Problem der Altschulden erkannt wurde, und ich hoffe auf Lösungen aus Berlin und Düsseldorf. 

Die dargestellte Unsicherheit und die pessimistischen Prognosen sind auch in den Haushaltsentwurf des Kämmerers im Herbst eingeflossen.

Unter diesen Bedingungen waren es schwierige Haushaltsberatungen. Und allen Beteiligten war klar: Es gibt nicht viel Spielräume im diesem und in den kommenden Jahren.

Deshalb war die Frage: Wie schaffen wir es, den soliden und nachhaltigen Finanzkurs

fortzusetzen, ohne die Leistungsfähigkeit unserer Stadt zu gefährden?

Die Aufstellung des Haushalts ist ein Balanceakt und wird es auch in den nächsten Jahren bleiben.

In der Haushalts-Ampel haben wir für die Jahre 2021 und 2022 einen soliden und nachhaltigen Kurs eingeschlagen und die Ergebnisse für die beiden Jahre zeigen uns, dass wir mit diesem Weg richtig lagen.

Nachdem sich die Fraktionen bis Ende 2022 mit dem Haushaltsentwurf vertraut gemacht hatten, begann dann im Januar und Februar ein intensiver Austausch zwischen Verwaltung und Politik. Parallel kamen neue Daten zur Steuerentwicklung und zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und in Krefeld.

Wie stellt man sich Haushaltsgespräche so vor? Zum einen ist immer zu wenig Geld da für all die wünschenswerten Projekte und der Kämmerer muss so manche Forderung aus den Dezernaten ablehnen. Wie in Berlin, wo der liebe Robert Briefe an den lieben Christian schreibt, gibt es intensive Diskussionen darüber, was geht und was nicht geht. Und auch in Krefeld schreibt z.B. die liebe Sabine Briefe an den lieben Ulli, was sie sich so wünscht. Und der liebe Ulli antwortet ihr, dass dies nicht zu bezahlen ist. Also daily business in Berlin wie in Krefeld. Zum anderen haben wir als Politik unsere Wünsche und Vorstellungen und letztendlich verabschieden wir als Rat den Haushalt.

Diese Haushaltsberatungen waren meine zehnten und noch nie habe ich so ernsthafte und konstruktive Gespräche erlebt. Allen Beteiligten war der Ernst der Lage bewusst und alle waren bemüht in Details einzusteigen, jeden Euro genau zu prüfen und nur maßvolle Forderungen zu stellen.

Deshalb bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten für diese vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit, beim Oberbürgermeister, seinem Verwaltungsvorstand, bei der Kämmerei und insbesondere Melanie Zeuner, der Meisterin der Zahlen, bei den Fraktionen von SPD und FDP und natürlich auch bei meiner Grünen Fraktion. Vielen Dank, wir können stolz auf diesen Haushalt sein.

Aber was steht jetzt konkret in diesem Haushalt 2023?

Die Bundesregierung hat Ende September 2022 mit einem Maßnahmenpaket entschlossen auf die Energiekrise reagiert. Der Bundeskanzler nannte das Paket einen ‚Doppel-Wumms‘.

Und wir müssen erkennen, der ‚Doppel-Wumms‘ wirkt, auch bei uns in Krefeld.

Waren Ende 2022 die wirtschaftlichen Prognosen der Unternehmen noch negativ, so hat sich das erheblich verändert. Die IHK spricht in ihrem aktuellen Konjunkturbericht von einer leicht verbesserten Lage und einem stabilen Niveau. Ich zitiere: “Der Geschäftslageindikator als Saldo dieser Werte hat sich damit seit Herbst von 7,2 auf 13,7 Punkte erhöht. Gleichzeitig bleibt die Unsicherheit in der Wirtschaft vor allem wegen des Kriegs in der Ukraine groß.“

Das Fazit aus meiner Sicht lautet: Der Energiepreisdeckel der Bundesregierung zeigt die gewünschte Wirkung, die Lage verbessert sich, aber es gibt weiterhin eine große Unsicherheit.

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen haben wir unsere Haushaltsgespräche geführt und der Kämmerer hat mit der Vorlage des Veränderungsnachweis Mitte Februar den neuen Daten schon Rechnung getragen und zusätzlich Hinweise der Politik aufgenommen, zum Beispiel beim Zuschuss zum Kommunalbetrieb, bei der Anpassung der Zinsentwicklung, bei den Mitteln für ein Drogenpräventionskonzept oder der Aufstockung der Mittel für dringende Gutachten wie Wärmekonzept, Hitzeaktionsplan, Klimaschutzkonzept oder Klimaanalyse.

Als Politik haben wir eine aktive Haushaltsgestaltung vorgenommen. Insbesondere zwei Parameter haben wir verändert. Wir tragen den veränderten Rahmendaten für die kommunale Finanzplanung durch einen um 10 Millionen € höheren Gewerbesteueransatz Rechnung. Wir planen mit einem Gewerbesteueraufkommen von 177,5 Millionen € für 2023 und 180 Millionen € für 2024. Diese Annahmen basieren auf den aktuellem Gewerbesteueraufkommen und den Rückmeldungen aus den Unternehmen.

Als zweiten Parameter planen wir bei den Stadtwerken Krefeld für das Jahr 2024 eine einmalige zusätzliche Ausschüttung in Höhe von 14,5 Millionen € ein. Dafür reduzieren sich die Ausschüttungen der SWK in den Folgejahren. Dadurch verhindern wir die vom Kämmerer geplante Entnahme aus der Ausgleichsrücklage. Dieses Vorgehen ist mit dem Vorstand der SWK abgestimmt und berücksichtigt auch deren Herausforderungen in einem extrem schwierigen und volatilen Markt.

Durch diese Anpassungen verschaffen wir uns Freiräume für Zukunftsinvestitionen.

Intensiv haben wir über die städtischen Zuschüsse zum Gebäudemanagement und zum Kommunalbetrieb diskutiert.

Das zentrale Gebäudemanagement hat eine enorm wichtige Aufgabe in unserer Stadt. Es ist zuständig für alle städtischen Immobilien, insbesondere Schulen, Kitas, Bäder und Bürogebäude. Den geplanten Zuschuss von 102 Millionen € erhöhen wir nochmal um 2 Millionen € im Jahre 2023 und 2,2 Millionen € im Jahre 2024. Damit werden zusätzliche Renovierungsarbeiten in Kitas und Schulen gefördert wie z.B. bei den Kitas Herbertzstraße, Neuhofsweg oder Steckendorfer Str. oder z.B. bei den Grundschulen Buchenschule,  Mosaikschule oder Stahldorf, nur um einige zu nennen. Damit werden in Summe die Mittel des Gebäudemanagements im Vergleich zum Haushalt 2022 um 13 Millionen oder 12,5 % erhöht. Das werden alle Krefelderinnen und Krefelder bei den städtischen Immobilien in den nächsten Jahren sehen.

Seit 2018 gibt es den Kommunalbetrieb Krefeld und mit der neuen Satzung, die wir im Rat Ende 2022 verabschiedet haben, wurde das Kapitel KBK 2.0 aufgeschlagen. Dafür ist es notwendig, den Kommunalbetrieb ausreichend mit finanziellen Mitteln auszustatten. Bisher galt: “Wer billig bestellt, bekommt billig“. Das haben alle Krefelderinnen und Krefelder insbesondere beim Zustand der Straßen und Radwege und bei der Grünpflege gesehen. Damit soll jetzt Schluss sein. Den bisherigen städtischen Zuschuss von 8 Millionen € im Jahr 2022 erhöhen wir in Summe auf mehr als 22 Millionen €. Das ist eine Steigerung um 175 %. Damit setzen wir einen klaren Akzent und wir erwarten vom KBK 2.0 wesentliche Verbesserungen beim Zustand der Straßen, der Radwege und der Grünpflege der öffentlichen Anlagen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, aber über die nächsten Jahre muss es sichtbare Erfolge geben.

Die Grundstücksgesellschaft Krefeld, die sich hauptsächlich um Gewerbeflächen kümmert, steht vor einer Neuorientierung. Es wurde ein neues Vier–Säulen-Konzept verabschiedet und wir haben dafür gesorgt, dass die GKK einen entsprechenden Zuschuss erhält. Hinzu kommt ein zusätzlicher Etat von 2,5 Millionen € jährlich zum Ankauf von Gewerbe- und Brachflächen. Insbesondere da neue Gewerbeflächen knapp sind, ist es umso wichtiger, Brachflächen zu revitalisieren und dem Markt zur Verfügung zu stellen. Egal ob in Erbpacht oder als Verkauf. Insgesamt wollen wir uns in diesem Jahr die Flächenpolitik des Konzern Stadt kritisch anschauen und zukünftig neue Akzente setzen.   

Im Zuge der Multikrisen-Situation stehen zahlreiche soziale Institutionen vor einem schwierigen Jahr und es gab zahlreiche Anträge für zusätzliche städtische Zuschüsse. Die schwarz-grüne Landesregierung hat rechtzeitig mit einem Programm ‚Stärkungspakt NRW – gemeinsam gegen Armut‘ auf diese Herausforderungen reagiert. Mit den 2,6 Millionen € werden wir zahlreiche Härten in Krefeld mildern können. Darüber hinaus unterstützen wir Quartiersarbeit im Hardenbergviertel durch das Werkhaus, die Schuldnerberatung bei der Diakonie und der Verbraucherzentrale, die Aufklärungsarbeit bei der Prostituiertenhilfe, die Arbeit von Mobifant, das Bewegungsprogramm Kawuppdich in Kitas und die Frühförderung beim Heilpädagogischen Zentrum und einiges mehr. Auch erhalten wir die gerade jetzt so wichtige Schulsozialarbeit, wo die Fördermittel ausgelaufen sind. Hier erwarten wir Nachbesserungen von Bund und Land. Insgesamt erhalten wir mit den Zuschüssen soziale Strukturen in Krefeld und bauen neue Angebote auf.

Neben den sozialen Strukturen steht aber auch die Krefelder freie Kulturszene enorm unter Druck. Deshalb setzen wir deren vielschichtige Unterstützung fort. Dabei werden die gutachterlich festgestellten zusätzlichen Bedarfe an Vernetzung, Beratung und insbesondere der Fördermittelakquise zukünftig stärker berücksichtigt. Ferner wird der Kulturhilfefond mit 150.000 Euro fortgeschrieben.

Die Klima- und Biodiversitätskrise zeigen uns, dass wir bei unseren Bemühungen weiterhin entschlossen handeln müssen. Zahlreiche Konzepte und Projekte wurden in den letzten zwei Jahren auf den Weg gebracht und müssen jetzt umgesetzt werden. Die Mittel und Stellen stehen zur Verfügung. Auch der schon erwähnte erhöhte Zuschuss an den Kommunalbetrieb wird positiv, zum Beispiel beim Erhalt der Stadtbäume und Parkanlagen, wirken. Aber auch eine angemessene Baumpflege und die Kontrolle der Baumschutzsatzung wird zukünftig besser erfolgen. „Der Natur mehr Raum geben“ war kürzlich ein Fazit auf europäischer Ebene. Das gilt auch in Krefeld: Viele Pläne die bestehenden Naturschutzgebiete zu erweitern und neue auszuweisen warten schon lange auf eine Umsetzung. Dafür schaffen wir die finanziellen und personellen Voraussetzungen.

Im Haushaltsentwurf hat die Verwaltung schon 163 neue Stellen u.a. im Bereich Jugendhilfe, Feuerwehr, Wohngeld geplant. Aber auch Stellen zur beschleunigten Digitalisierung der Verwaltung im neuen Fachbereich 11. Über die von der Verwaltung geplanten Stellen hinaus hat die Politik nur sehr moderat 10 neue Stellen eingeplant, davon 5 beim Kommunalbetrieb und dem Gebäudemanagement. Dabei sind insgesamt drei Stellen für die Umsetzung des so wichtigen Radverkehrskonzeptes hervorzuheben.

Auch wenn wir mit der Verabschiedung Ende Februar später dran sind als im letzten Haushaltsjahr, erhoffen wir uns doch, dass wir zeitnah, der Kämmerer sprach von Mai, in die Bewirtschaftung gehen können. Eine Situation wie beim Haushalt 2022, wo wir im Dezember verabschiedet haben und erst nach mehr als 10 Monaten die Projekte und die Stellenbesetzungen gestartet werden konnten, darf sich nicht wiederholen.

Auch sind wir gespannt, wann der Kämmerer die Arbeitsgruppe zum ‚wirkungsorientierten Haushalt‘ einberufen wird, damit der Haushaltsentwurf 2024 eine lesbarere, transparente Grundlage für die politischen Beratungen darstellt. Ich habe da einen Zeitraum bis Ostern dieses Jahres im Kopf. Aber wir werden sehen.

Insgesamt legen wir als Haushalts-Ampel eine solide und nachhaltige Finanzplanung mit zahlreichen Zukunftsinvestitionen vor, die einen Überschuss von fast 7 Millionen € im Jahr 2023 und ausreichenden Überschüssen in den Folgejahren vorsieht.

Unterstützen Sie diesen Kurs und stimmen Sie dem Haushalt 2023 zu.

Vielen Dank.